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Unsere eigene Umgehung - Die Straße des Friedens
Vor 5 Jahren war Hochstädten bundesweit in den Medien
Eine Betrachtung der Ereignisse von damals von Andreas Klemm
Zweiter Teil - Der lange Weg bis zur Vollendung
Die Gründung der „BI - Unsere eigene Umgehung“ war sehr positiv verlaufen. Ein Vorstand wurde gewählt. Er bestand aus: Manfred Wolf (Schriftführer), Dieter Buchholz (Kassenwart) Pfarrer Dieter Bauer (Treuhänder), Bernd Rettig und Jürgen Gerisch (Stellvertreter Sprecher) und meine Person als Sprecher. Zusätzlich als Vertreter des Vereins Friedensmal Wendepunkt e.V. Thomas Zieringer.
In den nächsten Wochen ging es vor allem darum, dass wir uns mit den Grundstücks -eigentümern einigen können, um überhaupt die Umgehungsstraße bauen zu können. Mir persönlich hatte ein Vertreter der Marmoriert Knauf GmbH schon vor einigen Tagen am Telefon zugesagt, dass sie grundsätzlich nichts gegen eine temporäre Straße über das ehemalige Firmen-Grundstück keine Einwände hätten. Zuerst musste die Sache aber von der Rechtsabteilung geprüft werden, und so etwas konnte bekannter weise dauern.
Die Besitzer des Ackers, die Brüder Esinger, waren leider nichts kooperativ und verweigern sich anfänglich. Sehr viele Gespräche, Emails und Briefe waren noch nötig, um sie von dem Projekt zu überzeugen. Außerdem forderte der Bauer, der den Acker gepachtet hatte, von uns 4500.- Euro Schadensersatz für die ausgefallende Ernte. Nachdem wir ihm klar gemacht hatten, dass es nur um ein sehr kleines Stück seines Ackers verlieren würde, einigten wir uns auf wenige hundert Euro.
Inzwischen hatten wir uns außerdem schlau gemacht, wie man eigentlich eine Straße bzw. Schottenpiste bauen konnte, so dass ein nötiger Rückbau ohne Probleme gemacht werden konnte.
Konflikte
Die Zeit zwischen der Gründung der BI und der Fertigstellung der Umgehungsstraße wurde eine sehr anstrengende und mit Konflikten (innerhalb des Vorstandes der BI) behaftete Zeit. Jetzt wo es klar war, dass wir „Unsere eigene Umgehung“ auf den Weg bringen werden und die Möglichkeit bestand, dass tatsächlich das Projekt vollendet werden würde, bekam das wichtigste Glied der Kette, der die Idee hatte eine Umgehungsstraße zu bauen, Bedenken. Jürgen Gerisch wollte plötzlich aus dem Projekt aussteigen, weil er Angst vor einem Baustopp und den rechtlichen Konsequenzen hatte. Seine Worte: „Die können mir alles nehmen… Sucht euch einen Anderen, der die Straße baut“. Ich fiel aus allen Wolken. Das konnte doch nicht sein, wie konnte er uns so hängen lassen? Wir würden keinen Unternehmer finden, der uns zu einem vergleichbaren Preis die Straße bauen würde. Bevor es richtig angefangen hatte, war das Projekt schon zum Scheitern verurteilt.
Ich sah nur eine Möglichkeit: Ich drohte ihm an, seinen Rücktritt publik zu machen. Somit wäre er dann Schuld am jähen Ende des Projektes. Daraufhin lenkte er ein und blieb am Ball.Unser Verhältnis zueinander blieb angespannt.
Inzwischen hatte Thomas Zieringer die Gespräche mit den Grundstückseigentümern übernommen. Meiner Meinung nach wurden jetzt die Gespräche noch zäher und unnötiger in die Länge gezogen. Außerdem versuchte er das Projekt der BI nur alleine für seine Ziel (Projekt Friedensmal) zu vereinnahmen. Einmal tauchte eine nicht abgesprochene Pressemitteilung von ihm sogar die Äußerung auf, dass unsere Umgehungsstraße auf dem Gelände eines ehemaligen KZ Außenlagers entstehen würde.
Zu keinem Zeitpunkt wurde so etwas im Vorstand besprochen und es war auch nicht der Sinn der Umgehungsstraße. Ich hatte daraufhin mit Ihm ein Streitgespräch und wir verständigten uns im Vorstand, dass die Pressearbeit wie folgt aufgeteilt wird.
Thomas Zieringer spricht für sein Projekt Friedensmal, ich für das Projekt „Unsere eigene Umgehung“. Daraufhin war Thomas Zieringer nicht mehr bereit, sich für unser Projekt einzusetzen, Kindergarten! Nach einer Entschuldigung meinerseits über die Form der Kritik, aber nicht für den Inhalt, lenkte er wieder ein und blieb dabei. Daraufhin war unser Verhältnis etwas zerrüttet und sollte noch schlechter werden.
Während der vier Wochen kamen immer mal wieder innerhalb des Vorstandes Bedenken auf, ob wir das alles überhaupt schaffen könnten. Zum Glück haben wir durchgehalten. Nicht zuletzt auch mit starker Mithilfe von Pfarrer Bauer, konnten wir dann die Brüder Esinger von unserem Vorhaben überzeugen. Mündlich ist nun von den Grund-stückseigentümern alles zugesagt, allerdings hatten wir das noch nicht schriftlich. Eigentlich dürften wir erst mit den Baumaßnahmen beginnen, wenn die Verträge schriftlich vorliegen würden - wir fingen aber trotzdem an zu bauen. Ein Tag vor der Eröffnung „Unserer eigene Umgehung“ erhielten wir die Verträge - Glück gehabt.
Eines möchte ich hier noch besonders herausstellen. Als oberste Baubehörde ist der Kreis für solche Baumaßnahmen zuständig. Da es von Anfang an klar war, dass wir ohne Baugenehmigung die Straße bauen würden, fragten wir beim Kreis nach, wie Sie sich verhalten würden. Nach kurzer Zeit kam ein Schreiben vom 1. Kreisbeigeordneten mit der Rückmeldung, dass Sie nichts gegen unser Vorhaben unternehmen werden. Endlich mal eine Behörde mit Weitsicht - Danke!
Der Baubeginn
Endlich ging es los. Wir begannen mit dem Bau „Unserer eigenen Umgehung“. Die gute Planung und Vorbereitung machte sich jetzt bezahlt. Hier hatten sich vor allem Bernd Rettig und Jürgen Gerisch ein Lob verdient. Wenn man bedenkt, dass keiner von uns vorher jemals eine Straße bzw. Schotterpiste gebaut hatte. Und diese so konstruiert werden musste, das wir sie wieder ohne Probleme zurück bauen konnten.
Einige freiwilligen Helfer tauchten auf und halfen das Projekt entstehen zu lassen - Super, ganz toll, der Bürgersinn funktioniert. Wo wir uns aber noch größte Sorgen machten: Werden wir genügend Helfer zusammen bekommen, die den Eintritt zur Kunstausstellung von morgens um 7 Uhr bis abends um 19 Uhr, kassieren würden? Noch sind wir sehr skeptisch, denn die schon ausgelegten Arbeitslisten waren noch nicht sehr gefüllt. Wir warteten ab.
Ein Tag vor der Eröffnung brachte Manfred Wolf ein selbst gemachtes Schild vorbei. Er hat sich einen Straßennahmen für unsere Umgehung ausgedacht - „Straße des Frieden“.
Der 25. September, der Tag der Eröffnung, war da und ca. 100 Hochstädter waren gekommen. Kleine und kurze Feier und schon ging es los. Die ersten Autos fuhren über die Schotterpiste. Ein kleine, aber für mich sehr wichtige Begebenheit, würde ich gerne noch erzählen:
Unsere Umgehung war so 2-3 Tage offen. Ich war gerade dabei noch ein Stromkabel für eine Beleuchtung zu legen. Da fuhr eine Frau an mir vorbei und stoppte kurz. Sie rief mir aus dem geöffneten Seitenfenster zu - Ich bin so stolz bei einer solch tollen Aktion dabei sein zu dürfen! Dann fuhr sie weiter.
Mir stockte kurz der Atem - in diesem Augenblick wurde mir klar, dass es sich bei unserem Projekt nicht nur um die praktische Lösung eines Problems handelte, sondern wir hatten gezeigt, was man mit Zusammenhalt in einem kleinen Ort alles erreicht werden kann. Die nächsten 10 Wochen wurden die intensivsten in meinem Leben.
Link "Bilder der Ausstellung"
weiter mit Teil 3 am 11. Oktober 2015
Bericht vom 28.9.2010
Unsere eigene Umgehung in Hochstädten
Wolfram Ziegler : Meine erste Schicht am Pförtnerhäuschen
Der Dienstag (28.9.2010) begegnete mir gar nicht freundlich . Um 6.30 Uhr war es noch stockdunkel und es regnete ununterbrochen die ersten 3 Stunden lang . Die Schaltuhr , die das Licht am Platz und um das Häuschen herum einschalten sollte hatte offensichtlich „verschlafen“ . Glücklicherweise hatte ich an eine starke Taschenlampe gedacht . Mit dieser war dann später auch die Erkennung der Freifahrts-Plaketten in den dunklen Frühstunden möglich. Auch zum Öffnen der Ladenklappe am Pförtnerhäuschen sind 2 Personen nötig . Ich habe es nur mit großer Kraftanstrengung und mit einigen Tricks alleine geschafft die Klappe zu stemmen und gleichzeitig zu verriegeln .
Sieht man aber von diesen Startschwierigkeiten einmal ab, kann dieses Ehrenamt sogar Spaß machen.
Es ist eine angenehme Erfahrung, dass gerade viele junge Nutzer der Umgehung viel Verständnis , sogar Lob oder Anerkennung dieser einmaligen Privatstrasse entgegenbringen . Diskussionen um die geringe Gebühr sind eine Ausnahme . Nach Erklärung der Hintergründe kommt es meist zur Verständigung.
Nach dreieinhalb Stunden hatten bereits 117 Nutzer die Straße in Richtung Auerbach passiert. Der Gegenverkehr setzte erst später ein . Der Verkehr von Auerbach her vollzog sich zunächst mehrheitlich über den gesperrten Steinweg mit der Spitzkehre. In der Gesamtstatistik machten aber die Fahrzeugbewegungen über diesen Weg nur gerade ein Viertel aus . Bis zu meinem Schichtende um 12.45 Uhr hatten 220 Fahrzeuge „unsere eigene Umgehung“ in beiden Richtungen genutzt ,die Hälfte hatte anstandslos 1€ pro Fahrt erlegt, alle anderen hatten bereits eine Plakette an der Windschutzscheibe .
Der Begegnungsverkehr läuft absolut reibungslos durch die klaren Sichtverhältnisse. Alle Ausweichmöglichkeiten liegen an der richtigen Stelle .
Auch diesem Projekt kritisch gegenüber eingestellte Bürger Hochstädten konnten sich von der perfekten Abwicklung des Verkehrs überzeugen . Auch was den vereinzelten Argwohn gegenüber der ordnungsgemäßen Behandlung der Einnahmen anbelangt konnte ich die Sorgen zerstreuen : Durch die Ausgabe und sofortige Entwertung der Eintrittskarten wird Manipulationen ebenso vorgebeugt wie durch ein 4 Augen Prinzip bei der Abrechnung . Auch Verkauf der Plaketten wird registriert und quittiert.
Die Erfahrungen sind also sehr positiv.
Ein deutlicher Hinweis an den Einfahrten auf die Rabattmöglichkeiten mit 100er oder 50er Eintrittskarten sollte durch deutliche Schilder noch folgen .
Ebenso fehlt aus meiner Sicht eine noch deutlichere Deklarierung als „Privatstrasse“ mit Eintrittsgebühr .
Wolfram Ziegler
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